Der gelernte Verlagskaufmann und Redakteur hat die knapp zwölfmonatige Umschulung zum Triebfahrzeugführer erfolgreich absolviert. Berlinke ist am Ziel. Seit einigen Wochen sitzt er allein in verantwortungsvoller Position im Cockpit der Regio-S-Bahn-Züge. Grund genug, mit dem großen Eisenbahn-Fan einen lockeren Plausch zu führen.
"Gerade für einen alten Sack wie mich war das eine fette Herausforderung"
Matthias, du hast die Umschulung zum Triebfahrzeugführer geschafft. Wie fühlt sich das an?
Ein wahnsinnig tolles Gefühl ist das. Super. Die vergangenen Monate waren hart. Die Umschulung hat sehr, sehr viel Lernfleiß erfordert. Eine schriftliche Klausur folgte der nächsten. Dazu die vielen Prüfungen. Gerade für einen alten Sack wie mich war das eine fette Herausforderung (lacht). So unter „Lernfeuer“ stand ich zuletzt vor mehr als 30 Jahren beim Abi.
Oha! Deine Worte könnten potenzielle Bewerberinnen und Bewerber jetzt aber ganz schön abschrecken.
Nein, nein, nein. So soll das nicht rüberkommen. Ja, wer Triebfahrzeugführer werden will, muss bereit sein, viel zu lernen. Freizeitaktivitäten und Familie rutschen für die Zeit der Ausbildung leider in den Hintergrund. Aber die Umschulung ist absolut machbar. Wer es wirklich will, der schafft es auch. Auf jeden Fall. Man darf gerne auch mal heulen oder fluchen - ich berichte da aus eigener Erfahrung. Aber im nächsten Schritt auch bitte wieder die Ärmel hochkrempeln.
Man muss also viel lernen - kannst du das genauer skizzieren?
Wer glaubt, gleich am Anfang mit Fahrstunden im Zug zu beginnen, der wird große Augen machen. So läuft das nicht. Bis zur Praxis dauert es. Im April 2024 ging es für mich los. Bis November gab es quasi nur theoretischen Unterricht mit entsprechenden Klausuren und Prüfungen am Eisenbahn-Campus in Bremen. Dann ging es am Simulator weiter - ebenfalls mit Prüfung. Erst im Dezember ging es dann mit unseren Fahrtrainern richtig auf die Schiene. Die letzten Prüfungen habe ich dann im März 2025 bestanden.
"Jede Schicht fühlt sich noch wie ein großes Abenteuer an"
Ein langer Weg. Aber jetzt bist du am Ziel.
Richtig. Jede Schicht fühlt sich noch wie ein großes Abenteuer an - inklusive einer gewissen Grundnervosität. Aber das ist normal, sagen jedenfalls die alten Hasen.
Grundnervosität?
Ja, gerade jetzt am Anfang. Ich gehe mit Demut an die Aufgabe. Du musst dir immer bewusst darüber sein, dass du 200 oder mehr Menschen hinten im Zug hast. Diese Verantwortung ist riesig. Aber sie lässt dich auch wachsen. Und es ist auch so ein warmes Gefühl, wenn man seine Fahrgäste sicher zur Arbeit, nach Hause oder in den Urlaub bringt.
Hört sich auch nach einem Traumjob an.
Ja, die Bezeichnung gefällt mir. Absolut zutreffend. Auch wenn es mal nicht so läuft.
Wie schaut das aus, wenn es mal nicht so läuft?
Das Fahren unserer Züge ist die eine Sache. Aber Fakt ist auch, dass es immer wieder zu Störungen kommen kann. Dann bist du als Triebfahrzeugführer gefordert - quasi wie ein Ersthelfer. Störungen bedeuten Stress. Du musst zwar keine elektrischen Bauteile reparieren oder Fahrmotoren auseinander bauen. Aber man muss schon wissen, was bei kaputten Bremsen oder dem Ausfall eines Stromrichters zu beachten ist. Darauf werden wir in der NWB-internen Ausbildung am Ende der Umschulung sehr gut vorbereitet. Ich möchte da niemandem Honig um den Bart schmieren. Aber wir haben bei der Nordwestbahn wirklich tolle Lehr- und Ausbildungslokführer. Die geben sich vollste Mühe, um uns fit zu machen.
Das werden die Nordwestbahn-Ausbilder gerne hören. Du bist ja auf Social Media recht aktiv und hast in Bezug auf deine Umschulung den Hashtag #NiemalsAllein oft genutzt. Wie meinst du das?
In unserer Ausbildungsgruppe gab es vom ersten Tag an einen großen Zusammenhalt. Dieser Teamgeist - absoluter Wahnsinn. Da haben sich Freundschaften gebildet. Und dann möchte ich noch Christopher Nobel, Leiter Triebfahrzeugführer, erwähnen. Er hat mich immer wieder motiviert, stark gemacht. Nur ein Beispiel: Am Tag einer wichtigen mündlichen Prüfung hat er gesehen, wie nervös ich war und es mir vor Anspannung hundeelend ging. Da hat er mich zur Seite genommen und fast väterlich beruhigt. Dabei bin ich, glaube ich, 15 Jahre älter als er. Das werde ich ihm nie vergessen. Danke, lieber Christopher.
Matthias, vielen Dank für das Gespräch!
Kommunikationsallrounder auf allen Kanälen bei der NordWestBahn seit 2017 und bei jedem Heimspiel des VfL Osnabrück an der Bremer Brücke zu finden.