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25 Jahre NordWestBahn - Ein Gespräch über den Aufbruch in eine neue Ära

Inside NordWestBahn
Jürgen Recker (links) und Mario Bindauf waren vor 25Jahren schon dabei.
Jürgen Recker (links) und Mario Bindauf waren vor 25Jahren schon dabei.

Am 5. November 2000 hat die NordWestBahn im Weser-Ems Netz den Betrieb aufgenommen und feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum. Mit dabei waren damals Mario Bindauf und Jürgen Recker, die als Triebfahrzeugführer bei der NordWestBahn gestartet sind und heute als Lehrlokführer und Örtlicher Betriebsleiter Verantwortung im Netz Weser-Ems tragen.

Mario war am 5. November Teil der Sternfahrt nach Oldenburg und hat einen der ersten offiziellen Züge der NordWestBahn gefahren, Jürgen hat als frisch ausgebildeter TF den Hofdienst auf dem Betriebshof in Osnabrück geleistet und hat spontan noch den „Melderaum“ nach Wilhelmshaven gefahren. Was 25 Jahre NordWestBahn für die Urgesteine bedeuten, erzählen sie uns im Jubiläumsinterview.

Mario, du bist bei der NordWestBahn ein „alter Hase“, was hat dich vor 25 Jahren nach Osnabrück geführt?

Ich bin seit 1985 bei der Reichsbahn in Naumburg in Sachsen-Anhalt gewesen und da zeichnete sich ab, dass es nicht weitergeht. Dann bin ich die EVUs im Westen abgefahren und bin am Ende bei der NordWestBahn eingestiegen, weil die mit der Strecke von Osnabrück nach Wilhelmshaven einfach ne schöne Verbindung angeboten haben.

"Ich habe mir dann geschworen, irgendwas mit Krawatte zu machen."
Jürgen Recker, Örtlicher Betriebsleiter im Weser Ems Netz

Jürgen, du warst noch kein TF, als du bei der NordWestBahn angeheuert hast…

Ganz genau, ich war unter Tage als Sprengmeister im Bergwerk Ibbenbüren am Malochen. Die Arbeit war hart und es zeichnete sich ab, dass es da auch nicht ewig weitergeht. Ich habe mir dann geschworen, irgendwas mit Krawatte zu machen, habe die Zeitung durchgeblättert und mich bei der NordWestBahn beworben. Nach 4,5 Monaten war ich dann TF mit Krawatte.

Du warst frischer TF und die NordWestBahn ein frisches Unternehmen, wie sah die Welt damals aus?

Alles war aufregend, wir haben natürlich auf den Betriebsstart hin gefiebert, konnten uns allerdings auch nicht ganz ideal darauf vorbereiten. Erstmal gab es nichts zu fahren. Mit den ersten neuen LINT-Zügen sind wir dann nach Lengerich, um die Fahrzeuge kennenzulernen. Auf unsere Weser-Ems Strecken sind wir kaum drauf gelassen worden.

Mario: Wenn wir Glück hatten, gab es mal ne Streckenkundefahrt auf der RB 58 – die hat dann auch pro Weg so 4 Stunden gedauert. Mit Probebetrieb war damals nichts.

"Wir sind dann in die Stellwerke rein und haben Kaffee mitgebracht, das hat die Lage aufgelockert."
Mario Bindauf. Lehrlockführer im Weser-Ems Netz
Der ehemalige Ministerpräsident Sigmar Gabriel hat am 5. November 2000 die Kelle geschwungen und den Start der NordWestBahn besiegelt.
Der ehemalige Ministerpräsident Sigmar Gabriel hat am 5. November 2000 die Kelle geschwungen und den Start der NordWestBahn besiegelt.

Dann seid ihr ins kalte Wasser hinein…

Jürgen: Anders ging es nicht. Die Deutsche Bahn hat uns damals belächelt, die haben uns gar nicht für voll genommen und nicht daran geglaubt, dass wir das durchziehen.

Wie habt ihr das gemerkt?

Mario: Die haben uns schon getestet. Ich habe vorher noch nie so viele Signalstörungen gehabt und so viele Befehle geschrieben. Wir sind dann in die Stellwerke rein und haben Kaffee mitgebracht, das hat die Lage aufgelockert. Als wir dann die Fahrdienstleiter zu einer kleinen Feier eingeladen haben, war es den Verantwortlichen bei der Deutschen Bahn wohl zu bunt, das hat denen nicht gefallen.

Das ging ja heiß her…

Jürgen: Es brauchte ein bisschen Zeit. Am Ende waren die Fahrdienstleiter doch froh, dass wir da waren – ohne uns hätten sie keinen Job mehr gehabt.

Als es am 5. November auf die erste offizielle Fahrt ging, wie war das für euch?

Mario: Das war schon was Besonderes, wir hatten den Zug richtig voll. Ich bin damals aus Vechta gestartet und über Delmenhorst nach Oldenburg gefahren, das war eine von den Sternfahrten, die sich alle in Oldenburg zum großen Eröffnungsfest getroffen haben. Da gab es so ein Ticket für 5 DM, das für den ganzen Tag galt. Die Leute wollten gucken, was da kommt – wir wurden überrannt.

Jürgen: Ich nicht, ich hatte Hofdienst im Hafen.

Wie kommt das?

Hofdienst gehörte einfach dazu und ich habe es gerne gemacht. Die aufregende Sternfahrt habe ich Mario überlassen. Ich hatte an dem Tag aber dann doch noch eine ganz spezielle Aufgabe.

Das klingt aber spannend.

In dem ganzen Trubel zum Betriebsstart wurde der Melderaum in Wilhelmshaven vergessen. Den habe ich dann mal eben hochgefahren.

Der Mann mit den vielen Talenten hat auch einen LKW-Führerschein?

Nein Nein, ich habe unseren Marketing-Bulli hochgefahren, der dann in der Anfangszeit als Melderaum diente. Ich habe den mit Sand und Öl beladen und zwischen Gleis 1 und 2 geparkt, hat erstmal gereicht.

Hört sich nach einer wilden Zeit an…

"Wir waren voll motiviert, der DB zu zeigen, dass wir es können."
Mario Bindauf. Lehrlockführer im Weser-Ems Netz

Mario: Die war es ohne Zweifel. Wir waren ein kleines Team, so 45 TF, einige Kundenbetreuer und eine Handvoll in der Verwaltung. Das war schon besonders. Wir waren voll motiviert, der DB zu zeigen, dass wir es können. Die haben uns mit ihrem Belächeln richtig angespornt. Wir hatten da ein richtiges WIR-Gefühl.

Jürgen: Total, jeder war involviert und alle haben sich für die NordWestBahn eingesetzt. Verbindliche Arbeitszeiten gab es da nicht wirklich. Wir waren da, wenn, wann und wo wir gebraucht wurden. Wenn man zurückblickt, sind wir damals schon recht hemdsärmelig unterwegs gewesen, haben aber alles dafür gegeben, dass es funktioniert.

Wenn man sich dann anschaut, wie schnell die NordWestBahn gewachsen ist, kann man da sagen, dass ihr auf einer Erfolgswelle geritten seid?

Jürgen: Wir mussten mit den neuen Netzen tatsächlich schnell groß werden, ohne dass unsere Strukturen dafür ausgelegt waren. Es gab zu der Zeit eine Goldgräberstimmung im SPNV und wir haben ein Netz nach dem anderen gewonnen. Wir sind da teilweise auch ein bisschen blauäugig rangegangen. Mit dem Betriebsstart im ESW-Netz wurden wir dann geerdet, der ging völlig in die Hose.

Die NordWestBahn war nicht nur im SPNV unterwegs – für eine kurze Zeit gab es mal die NordWestCargo, eine Sparte im Güterverkehr. Erzähl uns davon.

Mario: Das war ganz hervorragend. Ich bin viel Güterverkehr gefahren, das ist meine Leidenschaft. Ich bin Lokführer und liebe es, Strecke mit dem Zug zu machen.

Was seid ihr denn damals gefahren?

Müllzüge von Bremen nach Groningen, Kieszüge von Köthen (Saale) nach Spelle, Hackschnitzelholz von Kiel in Richtung Süden, Tierfutter von Braake nach Rechterfeld und sogar Bananen-Züge von Hamburg nach Lengerich. Als wir uns gerade im Güterverkehr gefunden hatten, war es allerdings schnell wieder vorbei. Ich fand das sehr schade, aber es passte nicht mehr in die Strategie.

"Ich verstehe die Fahrgäste früher und heute. Wir machen unsere Arbeit so gut es geht und das zählt."
Jürgen Recker, Örtlicher Betriebsleiter im Weser Ems Netz
Die neuen LINT-Züge wurden von den Fahrgästen wohlwollend angenommen. Hier fährt einer durch die malersiche Landschaft im Weser-Ems Netz.
Die neuen LINT-Züge wurden von den Fahrgästen wohlwollend angenommen. Hier fährt einer durch die malerische Landschaft im Weser-Ems Netz.

Damals wurdet ihr von den Fahrgästen gefeiert – heute werden viele kritische Stimmen laut. Was macht das mit euch?

Jürgen: Es hat sich vieles geändert. Unsere Voraussetzungen damals waren auch herausfordernd, aber wir hatten mehr in eigener Hand und konnten viele Probleme selbst lösen. Heute sehen wir eine stark anfällige Infrastruktur und deutlich mehr Verkehr auf der Strecke. Da können wir nicht viel ändern. Auch die Generationen haben sich gewandelt. Früher waren die Fahrgäste froh, DASS die NordWestBahn gefahren ist und haben sich weniger an Verspätungen gestört. Die heutige Generation besteht mehr aus Berufspendlern, die das System vor 25 Jahren gar nicht mehr kennen und einen ganz anderen Anspruch mitbringen. Ich verstehe die Fahrgäste früher und heute. Wir machen unsere Arbeit so gut es geht und das zählt.

Was macht für euch die NordWestBahn aus?

Mario: Die NordWestBahn ist ein zuverlässiger Arbeitgeber: Das Gehalt kommt pünktlich, es gibt Aufstiegschancen und Gestaltungsspielraum in der Arbeit. Für mich passt der Umgang im Unternehmen und die Kollegen sind einfach super, das ist viel wert. Für mich ist die Gemeinschaft das Entscheidende und die stimmt bei der NordWestBahn. Jürgen: Das, was Mario sagt - man spürt das Vertrauen.

Was sind eure schönsten Momente in 25 Jahren NordWestBahn?

Mario: Die Zeit mit NordWestCargo hat mir als TF wirklich gefallen, das war für mich schon die schönste Zeit.

Jürgen: Als ich Mario als Lehrlokführer eingestellt habe. Spaß beiseite, der Wiedergewinn des WE-Netzes war für mich ein sehr emotionales Thema. Ich werde bei der NordWestBahn in Rente gehen, das ist für mich einfach toll und ich kann das für mich zu Ende bringen, andersherum hätte es mir das Herz gebrochen, das Weser-Ems Netz abzuwickeln.

Ich danke euch für das Gespräch.

25 Jahre NordWestBahn

Ein Rückblick ins Jahr 2000

Steffen Högemann

Steffen Högemann

Kommunikationsallrounder auf allen Kanälen bei der NordWestBahn seit 2017 und bei jedem Heimspiel des VfL Osnabrück an der Bremer Brücke zu finden.

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